Liebe Leudde,
wir haben uns in der vorigen Woche für ein Onlineseminar angemeldet. Und wir sind so begeistert, dass wir euch davon berichten und probieren wollen, die (für uns) sehr interessanten Inhalte an euch weiterzuleiten. Mal schauen, ob’s klappt. Das Thema des Kurses: Positive Psychologie und positive Emotionen.
Durch eine Bekannte sind wir auf die Plattform coursera.org aufmerksam geworden. Auf dieser finden sich zahlreiche Online-Kurse zu ganz verschiedenen Themen und Bereichen. Häufig sind diese von Professor*innen amerikanischer (Elite-)Universitäten erstellt und nicht selten kostenlos. So kann man sich in Online-Kurse zu Bitcoins und Cryptowährungen ebenso einschreiben wie in eine Einführung in die Finanzmärkte oder internationalem Strafrecht. Der Nachteil: Fast alle Kurse sind in englischer Sprache gehalten und nur einige sind mit deutschen Untertiteln unterlegt. Und wenn man Zertifikate und Abschlüsse erreichen möchte, wird’s mitunter teuer.
So viel zur Werbung – nun zum Inhalt :-). Der Schwerpunkt der ersten Einheit liegt auf dem Thema positive Emotionen und worin, aus evolutionärer Sicht, ihr Nutzen besteht. Die erste Überraschung für uns war, dass es erstaunlich viele positive Emotionen gibt, nämlich zehn an der Zahl: Freude, Dankbarkeit, Gelassenheit, Interesse, Hoffnung, Stolz, Amüsement/ Erheiterung, Inspiration, Ergriffenheit und natürlich die Liebe.
Trotzdem erleben wir im Alltag das Phänomen, dass wir unseren Fokus stärker auf die negativen Dinge legen – und dass, obwohl sie statistisch gesehen viel seltener passieren als positive. Aber woran liegt das? Negative Gefühle (wenn man sie so werten möchte, denn schließlich gibt es Situationen, in denen sie sehr angebracht und wichtig für uns sind) wie Angst, Wut, Ekel und Traurigkeit engten die wahrgenommenen Verhaltensmöglichkeiten unserer Vorfahren so ein, dass sich in lebensbedrohlichen Situationen ihre Überlebenschancen erhöhten: Säbelzahntiger = Angst = Beine in die Hand nehmen und wegrennen. Schaut man sich nun positive Gefühle an, so sind die mit ihnen verbundenen körperlichen Reaktionen, Gesichtsausdrücke und Handlungsimpulse, nicht so offensichtlich nützlich für unser Über-leben (bzw. für das unserer Vorfahren).
Die Forscherin Barbara Fredrickson beschreibt zwei Theorien, warum sie dennoch nützlich sind. Die sogenannte Broaden and Built Theory (zu deutsch erweitern und aufbauen) geht davon aus, dass wir durch positive Gefühle in die Lage versetzt werden, unsere wahrgenommenen Möglichkeiten zu erweitern. Das wiederum sorgt auf lange Sicht dafür, dass wir überdauernde persönliche Ressourcen aufbauen. Klingt ziemlich abstrakt? Finden wir auch. Deshalb hier das Beispiel, dass Frau Fredrickson zur Veranschaulichung gibt: Stellen wir uns eine Horde spielender Kinder vor, die einfach spielen um des Spielens willen und den Moment in vollen Zügen genießen. Dabei können die Kinder (unbewusst) eine ganze Reihe von Fähigkeiten aufbauen. Dazu gehören intellektuelle Fähigkeiten wie Problemlösen und das Aneignen neuer Informationen und körperlicher Fähigkeiten wie eine bessere Ausdauer und Koordination. Außerdem können so auch psychologische Ressourcen wie Resilienz, Optimismus, Identitätsgefühl und Zielorientierung entwickelt werden. Und last but not least können diese Momente auch Ausgangspunkt sozialer Ressourcen sein, indem beispielsweise bestehende Freundschaften vertieft oder neue geknüpft werden. Und das alles quasi nebenbei - nicht schlecht, oder?
Die zweite Theorie die Frau Fredrickson anführt, ist die Undoing Hypothesis (zu deutsch ungeschehen machen): Negative Emotionen und Stress wirken sich auf unsere Gesundheit aus. Und das eben nicht im guten Sinne. Wenn diese über einen längeren Zeitraum anhalten und/ oder wiederholt auftreten, können beispielsweise Herzerkrankungen auftreten oder sich verschlimmern. Und genau da kommen die positiven Emotionen ins Spiel: diese mildern, der Theorie zufolge, die andauernden physiologischen Effekte von negativen Gefühlen ab. Dies illustriert die Psychologin Fredrickson anhand eines Experiments: Die Teilnehmer*innen bekamen bei diesem die Aufgabe, unter Zeitdruck einen Vortrag vorzubereiten, der später von anderen Personen bewertet werden würde. Die Folge: Angst. Dann wurde ihnen gesagt, dass sie doch keinen Vortrag halten müssten (die Ankündigung diente also dazu, Stresserleben auszulösen.) Anschließend wurde den Versuchspersonen einer von vier Filmen gezeigt, der entweder Belustigung, Zufriedenheit, Traurigkeit oder keine Emotion auslösen sollte. Und siehe da, die Teilnehmer*innen, die einen der beiden ersten Filme mit positiven Emotionen gesehen hatten, kehrten am schnellsten auf ihr körperliches Erregungsniveau von vor der Vortragsankündigung zurück.
Und was können wir damit nun machen? Die Forscherin erzählt, dass positive Ereignisse 10 bis 20 Sekunden benötigen, um sich zu festigen und auf lange Sicht das Gehirn „umzuverkabeln“. Das kann zum Beispiel in der Praxis so aussehen: Wenn du dich morgens über die gut gelaunte Brötchenverkäuferin freust, nimm‘ dir einen Moment Zeit, das Gefühl zu erleben, bevor du sofort zum nächsten Laden weiterläufst. Wenn du in der schönen Sommersonne merkst, wie sich dein Körper durch die Wärme entspannt, halte kurz inne und genieß‘ diesen Zustand.
Eine andere Möglichkeit ist, dass du dir eines der zehn positiven Gefühle aussuchst, das sich gerade passend anfühlt. Nehmen wir hier als Beispiel Inspiration. Packe dir einfach einen Zettel und einen Stift ein. Immer wenn du tagsüber merkst, dass etwas oder jemand …
- … ansteckende Begeisterung in dir weckt,
- … dich dazu bringt, dass du mehr über eine Sache lernen möchtest,
- … Lust weckt, etwas Bestimmtes zu tun oder auszuprobieren,
- … dich dazu bringt, deine eigene Sichtweise zu überdenken,
- … dich neugierig macht (oder …),
notierst du dir diesen Moment. Das kann vielleicht ein toll geschriebenes Gedicht sein, die Rede einer Person, die du im Fernsehen siehst, eine Person in deinem beruflichen Alltag, die du für eine bestimmte Fähigkeit bewunderst oder auch eine Freundin, die dir von ihrem neuen Hobby vorschwärmt, sodass du Lust bekommst, es auch gleich mal auszuprobieren. Oder wie Erich Kästner sagte:
„Bei Vorbildern ist es unwichtig, ob es sich dabei um einen großen toten Dichter, um Mahatma Gandhi oder um Onkel Fritz aus Braunschweig handelt, wenn es nur ein Mensch ist, der im gegebenen Augenblick ohne Wimpernzucken gesagt oder getan hat, wovor wir zögern.“
Und so hast du mit Glück und einem Auge auf die kleinen Dinge am Ende des Tages eine Liste mit inspirierenden Momenten und am Ende der Woche eine ganze Seite voll. Und wenn du nach einer gewissen Zeit (und es ist gut möglich, dass es die braucht) das Gefühl hast, dass es mit der Inspiration ganz gut läuft und dich das wiederum zu mehr inspiriert, gibt es ja noch neun andere positive Emotionen! :-)
In diesem Sinne: Viele schöne, kleine und kostbare Momente euch!
Wir wünschen euch gute Tage und viel Gesundheit.
Bis bald, Bente und Roger
Präventionsteam der Brücke Flensburg
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